Willkommen in der Welt der Bobfahrer
Zum Bobsport bin ich 2019 gekommen. Als Sport Allrounder in Fussball und Leichtathletik, wurde ich von Bob-Pilot Marco Lorenzoni angefragt, einen Versuch als Bob-Anschieber zu wagen. Bald war ich bei Swiss Sliding, dem schweizerischen Verband für Sliding Sportarten, (Bob, Rodeln, Skeleton und Hornschlitten) als Aktivmitglied und seit der Saison 2021 im Junioren-Kader der Nationalmannschaft aufgenommen.
Als Junior zählt man im Bobsport bis zum 25. Altersjahr. Geboren 1998 und aufgewachsen in Oltingen Baselland, habe ich meine Ausbildung als Zimmermann bei der GGS Holzbau AG in Gelterkinden im Jahr 2018 abgeschlossen, ein Beruf, bei dem ich anpacken und Verantwortung übernehmen kann.
Während der Saison 2020 konnte ich an der Junioren Weltmeisterschaft in St. Moritz teilnahmen. Daraus ergab sich die Chance auch an der Weltmeisterschaft in Altenberg (Deutschland) mit dem Bob-Pilot Cédric Follador teilzunehmen.
Bob- Anschieber - was ist das eigentlich und was braucht es dazu?
Über Startzeiten im Bobsport herrscht insofern Konsens, dass die Startphase von zentraler Bedeutung für eine gute Endzeit ist. Also mit der schnellsten Zeit und der höchsten Geschwindigkeit aus der Startbox und man hat den Sieg im Sack! Kann man wohl so sagen, doch es muss vieles zusammenkommen, dass das zutrifft.
Ein Anschieber und dazu zählt auch der Pilot benötigt viel Muskelmasse und trotzdem die Schnelligkeit eines 100 m Läufers. Die Athleten trainieren deswegen vor allem ihre Sprintgeschwindigkeit und die Kraft die es braucht, den Rollwagen bzw. den 160-210 kg. schweren Bob über die 50-60 Meter lange Startstrecke, auf eine maximale Abgangs- Geschwindigkeit zu beschleunigen. Die Startzeiten bis zur ersten Lichtschranke liegen meistens innerhalb 5-6 Sekunden. In keinem Verhältnis dazu steht der enorme Trainingsaufwand für die so wichtigen fünf Sekunden Startzeit.
Das Einsteigen soll möglichst harmonisch und ruhig vor sich gehen, damit der Pilot die Lenkung des Schlittens möglichst schnell unter Kontrolle hat. Je nach Team oder Bahn kann die Anschiebstrecke etwas länger oder kürzer sein, um die optimale Abgangsgeschwindigkeit zu erreichen. Danach gilt es so schnell wie möglich eine aerodynamische Position einzunehmen und diese trotz Schlägen und Fliehkräften von bis zu 5G in der Bahn zu halten. Übrigens Bremser, das war einmal, gebremst wird nur im Ziel.
Das vom internationalen Bobverband (IBSF) festgelegte maximale Gewicht des Bob inklusive der Mannschaft, beträgt bei einen 2er Bob 390 kg, für eine 4er Bob 630 kg. Das optimale Gewicht eines Athleten sollte deshalb mindestens 100 kg betragen, ansonsten der Bob mit zusätzlichem Gewicht beladen werden muss, was sich wiederum negativ auf die Startzeit auswirkt.
Die körperlichen Belastungen im Bobsport sind hoch, weshalb ein Athlet bis zum 25. Altersjahr als Junior zählt. Die meisten Bob-Athleten haben deshalb ihre Sportkarriere in einer anderen Sportart begonnen (Schwingen, Leichtathletik, Kampfsport etc..).
Einmal unterwegs ist dann die Geschicklichkeit des Piloten verlangt, die Ein- und Aus- Fahrten in & aus den Kurven optimal und zum richtigen Zeitpunkt anzusteuern. Die Kunst eines Piloten liegt darin, so wenig wie möglich in die Lenkseile greifen müssen, um die ideale und schnellste Linie beizubehalten. Eine gute Aerodynamik des Schlittens und eine präzise Lenkung sind schnell auch noch eine paar Hundertstel Sekunden Wert.
Die Faszination des Bobsports liegt in der Vielseitigkeit des Sportes. Das Athletische, die Kollegialität im Team und im Verband, die Technik, die Wettkämpfe, das internationale Renngeschehen, lässt die Strapazen und blauen Flecken schnell vergessen. Stürze mit dem Bob sind eher selten und Verletzungen meist harmlos.
Die Herausforderung als Anschieber im Bob Sport ist der enorme Zeitaufwand für das Training und die lange Rennsaison in welcher das Team während fünf Monaten von Wettkampf zu Wettkampf reist.
Während den Sommermonaten ist ein normales Arbeitspensum aber auch nicht möglich. Neben Trainingswochen und einem persönlichen Kraft und Sprint Training, für welches ich einen eigenen Sporttrainer engagiert habe, erlaubt höchstens ein 20 - 40 %iges Arbeitspensum.
Ähnlich wie beim alpinen Sport muss sich ein Bob Team und die Anschieber zuerst im Europacup bewähren, bevor ein Team Zugang zu Weltcup Wettbewerben erhält. Weitere Rennen sind Schweizer- Europa- Welt- Meisterschaften und olympische Spiele, welche während der Saison dazu kommen.